Coronazeit – Sonntag Jubilate – 3. Mai 2020 Predigt: 2.Korinther 5, 17
Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns allen. Amen.
Liebe Gemeinde!
„Jubilate“ heißt der heutige, dritte Sonntag nach Ostern. „Jubelt! Jauchzet Gott, alle Lande“ – heißt es im Psalm 66, aus dem diese Einladung zum Jubeln kommt. Ob das passt? Wer jubelt heute, wenn die ganze Welt eher still wird und zum Zuhausebleiben aufgefordert ist? Vielleicht passender ist der Wochenspruch: „Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Kreatur; das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden“ (2. Kor 5, 17). Erleben wir nicht gerade eine massive Erneuerung unserer Welt, unseres alltäglichen Lebens, unserer Gewohnheiten und der Dinge, die wir von Neuem bedenken müssen? Ja, Vieles ist neu für uns. Mit jedem Tag wird deutlicher, dass das vertraute Alte in gewisser Hinsicht wirklich vorbei, und ein noch unbekanntes Neues im Werden ist: Die mit Mund- und Nasenschutz verdeckte Gesichter der Menschen, die uns in Supermärkten oder öffentlichen Einrichtungen begegnen, Abstandsregeln, Hygienemaßnahmen, Vermeidung von körperlichem Kontakt, keine Umarmungen – das zwischenmenschliche Verhalten bekommt jetzt schon neue Formen, die uns nicht unbedingt gefallen. Wie sich das Bild der Wirtschaft und der Gesellschaft insgesamt „erneuern“ wird, können wir noch nicht absehen, aber das wird es tun.
Um welche Erneuerung geht es bei Paulus? Was ist das vergangene Alte, und was meint Neues für den, der in Christus ist? Um äußerliche Veränderung geht es bestimmt nicht. Der Glaube an Christus macht keinen Menschen jünger, und die alten Lasten sind nicht auf einmal weg. Erneuerung umfasst in erster Linie den inneren Menschen. Und da muss man bei dem Wort „Erneuerung“ auf die Vorsilbe „Er“ achten. Diese Vorsilbe meint Rückkehr zu etwas, was schon einmal war. Erneuerung ist auch Rückkehr zu einem Zustand, der schon einmal war. Ich denke an Beispiele der Versöhnung: Nach einem langen Streit, nach einer langen Trennung kehren zwei Menschen, die sich versöhnt haben, zu einem Zustand ihrer Beziehung zurück, der am Anfang war. Sie sind wieder glücklich miteinander. Sie können trotz der verstrichenen Zeit wieder zuversichtlich nach vorne schauen. Es ist nicht etwas ganz Neues, was diese zwei erleben. Aber sie fühlen sich jetzt wie neu, wie mit neuer Kraft ausgestattet. Ich denke, jeder und jede von uns weiß, wie sich das anfühlt.
In diesem Sinne meint auch der Apostel Paulus Erneuerung. Nur es geht hier um die Beziehung zwischen Mensch und Gott. Diese Beziehung war als Teil der Schöpfung Gottes gut gewesen. Sie gehörte zu dem, was der Vers der Schöpfungsgeschichte meint: „Und Gott sah alles, was er gemacht hatte, und siehe, es war sehr gut“ (1. Mose 1, 31). Durch den Ungehorsam des Menschen ist aber diese Beziehung zerstört worden. Der Mensch hat sich für einen eigenen Weg ohne Gott entschieden, und dieser Weg ist seitdem durch die Trennung von Gott gekennzeichnet. Durch Jesus Christus bietet Gott den Menschen einen Weg, diese zerstörte Beziehung wieder herzustellen, zu erneuern. Gott bietet Versöhnung an und macht den ersten Schritt. Deswegen schreibt der Apostel Paulus weiter: „Gott war in Christus und versöhnte die Welt mit sich selbst und rechnete ihnen ihre Sünden nicht zu…“ (2. Kor 5, 19).
Versöhnung ist eine wundervolle Sache. Wer sich schon einmal versöhnt hat, weiß, wovon ich spreche. Versöhnung mit Gott aber ist noch ein Stückchen mehr, als Versöhnung zwischen zwei Menschen. Es ist die Versöhnung mit dem Grund und Ursprung meines Lebens; es ist die Versöhnung mit dem Ort und dem Zeitpunkt, in denen ich bin; es ist die Versöhnung mit der Welt, in die ich geboren wurde; es ist die Versöhnung mit der Welt, die ich um mich gestalte, sie ist nicht die perfekte Welt, aber sie ist einmalig und wert, sich für sie einzusetzen; es ist auch die Versöhnung mit der Zukunft, die vor mir liegt und in der ich eines Tages diese Welt verlassen werde.
Vielleicht fordert uns gerade die Corona-Krise heraus, dass wir uns als Versöhnte wieder entdecken; dass wir wieder das stärken, was uns verbindet, und reduzieren, was uns trennt. Eine Versöhnung bedeutet auch, dass man den weiteren Weg nicht mehr im Alleingang geht, sondern gemeinsam, im Einvernehmen, als Team. Gott will, dass wir mit ihm zusammen gehen, als Team, in dem jeder den anderen schätzt. Gott schätzt uns, wir sind ihm wichtig, und wie sind einander wichtig. So hat es Gott von Anfang an für die Schöpfung gedacht, so ist es durch Christus wieder deutlich geworden. Wir sind versöhnt, wir können aus der Kraft der Versöhnung leben und nach vorne schauen. Das wünsche ich uns allen nicht nur am heutigen Sonntag, sondern jeden neuen Tag!
Und Gottes Friede, der höher ist als alle Vernunft, der bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.
Dimitri Schweitz, Pastor
Gebet:
Gott Du Quelle der Versöhnung!
So hast Du die Welt geliebt, dass Du deinen Sohn Jesus Christus nicht verschont hast, um uns mit Dir zu versöhnen. Du willst, dass wir diese Welt nicht im Alleingang, sondern mit Dir zusammen gestalten: Liebevoll, behutsam, nicht eigennützig, im Vertrauen auf Deine Weisheit.
Dafür danken wir Dir! Aber wir fühlen unsere Ohnmacht, unsere Verwundbarkeit, gerade jetzt in der Coronazeit. Wir bitten Dich: Gib uns die Zuversicht, mit der wir diese Zeit überstehen. Ermutige die Verzweifelten und tröste die Betroffenen; stärke die, die im Einsatz sind und sich um das Wohl von uns allen kümmern. Hilf uns, dass wir bei bevorstehenden Lockerungen vernünftig handeln.
Vor Dich bringen wir unsere Familien, Freunde, Bekannte und bitten Dich um Deinen Segen und Schutz.
Durch Jesus Christus, Deinen Sohn, unseren Herrn!
Amen.