Coronazeit – Palmsonntag – 5. April 2020 Predigt: Markus 14, 3-9

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns allen. Amen.

Liebe Gemeinde!
Vieles ist anders wegen der Corona-Pandemie. Ihr Ausmaß ist erschreckend, und ihre Folgen werden wir noch lange spüren. Aber jetzt schon ist Vieles auf den Kopf gestellt. Auf einmal sind Dinge und Menschen wichtig geworden, an die man noch vor ein paar Monaten kaum gedacht hat. Die Frage: „Was zählt wirklich im Leben?“ werden wir nach der Krise anders beantworten, als vorher.
Auch in dem Predigttext für diesen Palmsonntag geht es um die Fragen: Was ist im Moment wirklich wichtig? Was hat Priorität?
Dieser Text steht im Markusevangelium 14, 3-9:
Jesus war in Betanien zu Gast in einem Haus. Während der Mahlzeit kam eine Frau herein. In ihren Händen hielt sie ein Fläschchen mit reinem, kostbarem Nardenöl. Sie öffnete das Gefäß und salbte mit dem Öl den Kopf von Jesus.
Darüber regten sich einige Gäste auf: »Das ist ja die reinste Verschwendung! Dieses Öl ist mindestens 300 Silberstücke wert. Man hätte es lieber verkaufen und das Geld den Armen geben sollen!« So machten sie der Frau heftige Vorwürfe.
Aber Jesus sagte: »Lasst sie in Ruhe! Warum macht ihr der Frau Schwierigkeiten? Sie hat etwas Gutes für mich getan. Arme, die eure Hilfe nötig haben, wird es immer geben. Ihnen könnt ihr helfen, sooft ihr wollt. Ich dagegen bin nicht mehr lange bei euch. Diese Frau hat getan, was sie konnte: Mit diesem Salböl hat sie meinen Körper für mein Begräbnis vorbereitet.
Ich versichere euch: Überall in der Welt, wo Gottes Botschaft verkündet wird, wird man auch von dieser Frau sprechen und von dem, was sie getan hat.«

Wie hätten wir denn reagiert, wenn wir dort gewesen wären? Was hätten wir gesagt, wenn wir gesehen hätten, wie eine Frau ein sehr teures Öl auf den Kopf Jesu gießt?
Hätten auch wir da nicht gesagt: „Was für eine Verschwendung! 300 Silberstücke war das Öl wert, auf heute umgerechnet einige Tausend Euro, …auf einmal weggeschüttet!“?
Hätten wir nicht an Diakonie und soziale Projekte gedacht? Das Geld könnte doch für viele sinnvollere Zwecke ausgegeben werden! Gerade für Bedürftige – ist das nicht der Wille Gottes, dass man dem Nächsten hilft? Sieht die Nächstenliebe nicht anders aus?
Doch besonders seltsam ist, dass Jesus diese Verschwenderin in Schutz nimmt. Er, der an
einer anderen Stelle sagt: „…verkaufe alles, was du hast, und gib es den Armen!“ scheint hier seine Meinung geändert zu haben. Warum unterstützt er nicht die um die Armen
besorgten Gäste? Warum lobt er diese Frau, die anscheinend so verschwenderisch, so unvernünftig handelt?
„Sie hat etwas Gutes getan …für mich“ – erklärt Jesus und fügt hinzu: „Arme habt ihr alle Zeit bei euch…“.
Jesus hat einen kritischen Blick auf unsere Welt: Es gibt Arme in ihr, es gibt Ungerechtigkeit. Die Herausforderung, da etwas zu ändern, zu helfen, zu handeln, werden wir Menschen immer haben, meint er.
„Mich aber habt ihr nicht allezeit…“ – setzt Jesus fort. Damit weist er auf die Gefahr hin, Gott aus den Augen zu verlieren. Wenn es schon um Liebe geht, dann muss man an das Doppelgebot der Liebe denken, vor allem an seinen ersten Teil, in dem es um Liebe zu Gott geht: „Du sollst Gott lieben, mit deinem ganzen Herzen, mit deiner ganzen Kraft, mit deinem ganzen Gemüt!“. Dieser erste Teil ist genauso wichtig, wie der zweite mit der Liebe zum Nächsten. Denn ohne eine tiefe, vom Herzen gehende Liebe zu Gott kann es keine echte Nächstenliebe geben.
Es ist die Liebe zu Gott, die diese Frau mit der Salbung Jesu zum Ausdruck bringt. Ihre Liebe zu Gott ist so groß, dass sie bereit ist, für ihn das Wertvollste zu geben, was sie hat. Wahre Liebe wird konkret im Tun, im Geben.
Ist das nicht die Herausforderung dieser Corona-Zeit, darüber nachzudenken: Was ist wirklich wichtig für uns, und was sind wir bereit dafür zu tun und zu geben? Ist das wichtig, sich mit Klopapier und Nudeln die Speicher zu füllen? Oder ist die menschliche Nähe wichtig, die wir jetzt so vermissen? Oder sind es die Familie, die Kinder, die auf einmal in den Fokus gerückt sind, weil man sie stets zu Hause hat? Oder sind das die betagten Eltern, die man wegen Ansteckungsgefahr nicht mehr besuchen darf? Oder vielleicht ist das die Welt, Gottes Schöpfung, die wir bislang nur beansprucht und ausgebeutet haben, die jetzt aber wirklich unsere ganze Liebe braucht?
Man sagt: In jeder Krise steckt eine Chance. Vielleicht ist das die Chance, Liebe neu zu lernen, Liebe, die nicht nach Nutzen und Kosten fragt, sondern im Tun und Geben konkret wird. Solche Liebe ist heute wichtiger denn je.
Gott segne uns diese Zeit, und sein Friede, der höher ist, als alle Vernunft, der bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.
Dimitri Schweitz, Pastor

 

 

Gebet:

Barmherziger Gott! Die schwere Zeit, in der wir uns jetzt befinden, stellt uns auf die harte Probe. Wir müssen umdenken. Wir merken, wie wichtig es doch viele Dinge sind, die wir jetzt vermissen: Die Nähe der Menschen, gemeinsames Feiern, Besuche, eine Umarmung, eine spontane Begegnung und vieles mehr, was jetzt stark eingeschränkt ist. Wir bitten dich, hilf uns durch diese Zeit! mache uns stark, den Herausforderungen standzuhalten. Wir bitten dich für die Menschen, die besonders hart betroffen sind: Die Erkrankten, die Sterbenden, die Angehörigen. Hilf, dass wir die Angst und die Verunsicherung überwinden und besonnen handeln. Sei du mit allen, die in dieser Zeit für die Betroffenen und für uns alle im Einsatz sind. Lasse uns in dieser Zeit nicht allein! Amen.

Predigt Mk 14, 3-9 Palmsonntag-2020-Corona