Coronazeit – Gründonnerstag – 9. April 2020 Andacht über das Abendmahl

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns allen. Amen.

 

Liebe Gemeinde!

Heute vor 75 Jahren ist der bekannte deutsche Theologe, ein überzeugter Christ und entschiedener Gegner des Nationalsozialismus, Dietrich Bonhoeffer hingerichtet worden. Sein Wirken als Pastor, als Theologe und als Mensch hat die kirchliche Entwicklung in der Nachkriegszeit erheblich beeinflusst.
Zum Gedenken an ihn möchte ich an diesem Gründonnerstag, an dem wir leider keinen Gottesdienst und kein Abendmahl miteinander feiern können, seine Gedanken* zur Bedeutung des Abendmahls für die Andacht nehmen.
Der biblische Bezug für seine Deutung sind unter anderem die von Paulus überlieferten Worte:
Denn ich habe von dem Herrn empfangen, was ich euch weitergegeben habe:

Der Herr Jesus, in der Nacht, da er verraten ward, nahm er das Brot, dankte und brach’s und sprach: Das ist mein Leib, der für euch gegeben wird; das tut zu meinem Gedächtnis.
Desgleichen nahm er auch den Kelch nach dem Mahl und sprach: Dieser Kelch ist der neue Bund in meinem Blut; das tut, sooft ihr daraus trinkt, zu meinem Gedächtnis.
(1. Korintherbrief 11, 23-25)

Wie es dem Grundverständnis der evangelischen Kirche entspricht, stand für Bonhoeffer auch im Abendmahlgeschehen Gottes Wort an der obersten Stelle. Gerade beim Sakrament ist die Verbindung von Worten und Taten Jesu entscheidend: „Es soll in der Kir¬che nichts gelten und geschehen als Jesu Wort und Tat“ – schreibt Bonhoeffer in seinen Ausführungen* zum Abendmahlsverständnis.
„…was ist der rechte Gebrauch des Abendmahls? – fragt er weiter. Was dürfen wir vom Empfang des Sakraments erwarten? Welches ist die Gabe, die uns zuteil wird? Was hat Jesus mit der Einsetzung des Abendmahls verheißen und welches ist die rechte Predigt, die zum Abendmahl einlädt? Wir kommen ja nicht darum herum, dass es im Abendmahl nicht um ein unklares mystisches Erlebnis, sondern um das klare, leibgewor¬dene Wort Gottes, um Zuspruch und Anspruch Jesu Christi geht. Jesus selbst hat den Jüngern nicht stumm Brot und Wein gereicht, sondern er hat sein Wort dazu gesprochen“.
„Nur wo die Kirche – allem Spott und Entsetzen einer modernen Welt zum Trotz – auf dem lauteren Wort Gottes und den von Christus selbst eingesetzten Sakramenten ruht, gilt ihr die Verheißung, dass die Pforten der Hölle sie nicht überwältigen werden“.
Es geht Bonhoeffer nicht um die strickte Einhaltung des Rituals, sondern um die Gemeinschaft mit Jesus Christus. Im Abendmahl, in dem diese Worte Jesu gesprochen und die Elemente Brot und Wein (Saft) als Christi Leib und Blut eingenommen werden, wird diese Gemeinschaft sichtbar und spürbar. Natürlich nicht nur für den Moment. Auch nach dem Ende der Abendmahlsfeier soll diese Gemeinschaft bestehen bleiben, gestärkt und gesegnet für den Alltag, für die Zeit des Lebens, in der Freud und Leid geteilt werden.
Dieses Jahr gilt das besonders. Gerade die aktuelle Corona-Pandemie hat unheimlich viel Leid gebracht, und das ist noch nicht zu Ende. Desto wichtiger ist es, das Gefühl der Gemeinschaft nicht zu verlieren. Ja, die Not, vor allem die gemeinsame Not hat viele positive Kräfte frei gesetzt. Man merkt viel deutlicher, dass es wichtig ist, in Verbindung zu bleiben. Ich hoffe, diese positive Seite dieser Krise werden wir nutzen auch wenn sie vorbei ist. Und sie wird vorbei sein. Wir werden mit noch größerer Freude Gemeinschaft leben und pflegen, miteinander feiern, auch das Abendmahl. Denn am Tisch des Herrn öffnet uns der auferstandene Jesus Christus einen neuen Zugang zu dieser Gemeinschaft, zu dieser Verbundenheit mit Gott und miteinander.
An seinem Tisch bringt Jesus, der Gekreuzigte und Auferstandene uns zusammen, auch wenn wir im Alltag getrennt sind.
An seinem Tisch bringt er sogar uns mit uns selbst zusammen, die wir oft von inneren Konflikten und Zweifeln zerrissen werden.
An seinem Tisch bringt er uns sogar mit denen zusammen, die nicht mehr unter uns sind, wie auch mit denen, die erst noch geboren werden sollen.
An seinem Tisch bringt er eine Gemeinde zusammen, die einig und stark darin ist, vor ihm wie ein Leib zu sein.
In diesem Sinne wünsche ich uns die Zuversicht und Hoffnung, die uns durch diese schwere Zeit begleiten mögen.
Und Gottes Friede, der höher ist als alle Vernunft, der bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

Dimitri Schweitz, Pastor

* Quelle: Illegale Theologenausbildung: Sammelvikariate 1937-1940, DBW Band 15, Seite 549 f

Gebet:

Herr Jesus Christus!
Du, Kraft und Freude unseres Lebens.
Du hast mit Deinen Jüngern das letzte Abendmahl geteilt, damit sie die Gemeinschaft mit Dir selbst leben und weiter geben, die Gemeinschaft, aus der alle Menschen Kraft und Freude schöpfen können.
Auch heute würden wir mit Dir und miteinander das Abendmahl feiern, doch das geht leider nicht aufgrund der aktuellen Situation.
Wir merken, wie schlimm das ist, ohne menschlichen Kontakt zu Liebsten zu leben. Sie fehlen uns. Nimm sie unter Deinen Schutz.
Die täglichen Nachrichten von immer mehr Infizierten und Toten machen uns Angst.
Wir bitten Dich für die einsam Sterbenden, die Eingeschlossenen, die ohne Schutz und Hilfe sind. Nimm sie unter Deinen Schutz.
Wir machen uns Sorgen um die Zukunft, die Unsicherheit nimmt zu.
Wir bitten Dich für uns Verunsicherte, uns Erschöpfte und Suchende. Nimm uns unter Deinen Schutz.
Es macht Mut, von so vielen Heldinnen und Helden dieser Tage zu hören. Wir bitten Dich für sie: die Krankenschwestern, die Ärzte und Forscherinnen, Verkäuferinnen, Musiker, Busfahrer, unsere Politikerinnen und Politiker, und viele andere, die sich in dieser Zeit gegen die Pandemie stellen. Nimm sie unter Deinen Schutz.
Begleite uns alle durch diese Tage und erfülle uns trotz all dem Schweren mit tiefer, österlicher Freude! Amen.

Predigt 1. Kor 11, 23-26 Gründonnerstag 2020 Corona